“Fight for the things that you care about, but do it in a way that will lead others to join you”

Zitat von Ruth Bader Ginsburg

Es war kein Zufall, dass wir für unsere erste öffentliche Vereinsveranstaltung im Oktober 2019 den Film mit dem Titel  RBG – Ein Leben für die Gerechtigkeit wählten. Mit der Filmvorführung wollten wir aufzeigen, wieso es sich lohnt sich für Gleichstellungsfragen, LBTQIA+ Anliegen und Feminismus in den Rechtswissenschaften einzusetzen. Um potentiell interessierte Mitglieder für unseren neu gegründeten Verein F.IUS (Feministisch Ius) zu gewinnen, schien uns die kürzlich verstorbene US-Supreme Court Richterin Ruth Bader Ginsburg, die mit ihren juristischen Fähigkeiten keine Herausforderungen scheute, sich progressiv für die Gleichstellung insbesondere von Frauen* einzusetzen, das perfekte Beispiel und die ideale Motivation zu sein. Motivation genug, um an den althergebrachten Machtstrukturen in den Rechtswissenschaften zu rütteln oder diese mindestens zu hinterfragen.

Zuvor hatte uns ein Informationsanlass zum nationalen Frauen*streiktag im Sommer 2019 gezeigt, was jede von uns Vereinsgründerinnen schon längst vermutet hatte: In den Schweizer Rechtswissenschaften fehlt es bis heute an einer bewussten Sensibilisierung in Bezug auf Gleichstellungs- und Geschlechterfragen. Erstens haben sich in der rechtswissenschaftlichen Forschung und Lehre weder Perspektiven der Legal Gender Studies noch feministische sowie intersektionelle Anliegen durchgesetzt. Zweitens fällt es Juristinnen* in der Praxis, obwohl im Studium in der Mehrzahl, immer noch schwer, sich hoch an die Spitze einer Kanzlei, eines Gerichts oder einer Universität zu arbeiten. Insbesondere diejenigen Frauen*, die Kinder haben oder sich diese wünschen müssen mit Hindernissen bei der Vergabe von Forschungsstipendien oder bei der Stellensuche zur potentiellen Partnerin*, Richterin*, Staatsanwältin* oder Lehrstuhlinhaberin* rechnen. Schließlich trägt das bewusste Wegschauen, Tabuisieren und Bagatellisieren der eben erwähnten Problemen dazu bei, dass Jurist*innen als Zuschauer*innen anstatt als Akteur*innen die juristische Bühne oftmals Männern* überlassen müssen oder sich deren Regieanweisungen beugen.

Aus diesen Gründen sind wir von F.IUS der Meinung, dass der zweite nationale Frauen*streiktag nicht als einmalige Aktion diesen Status quo hinterfragen sollte. Ganz im Gegenteil; wir wollen eine nachhaltige Sensibilisierung für geschlechtsspezifische Perspektiven in den Rechtswissenschaften, speziell am RWI, schaffen. Eine Möglichkeit bietet die Aufnahme der Legal Gender Studies im Curriculum des Jus-Studiums. Diese Strömung innerhalb der Rechtswissenschaft setzt sich insbesondere mit der (Rechts-)Kategorie «Geschlecht» und mit den Beziehungen zwischen den Geschlechtern auseinander. Im Zentrum der Betrachtungen stehen die Themen Gleichheit, Differenz und die Konstruktion des Geschlechtsverhältnisses – Geschlecht bildet demnach nicht nur eine «biologische Tatsache», sondern vielmehr ein gesellschaftliches Ordnungsprinzip. Geschlecht erscheint als sozial (also u.a. durch das Recht) konstruierte Kategorie, mit deren Hilfe Macht und Herrschaft organisiert werden und bestehende Hierarchien zwischen Männern* und Frauen* hergestellt bzw. aufrechterhalten werden. Diese kritische Auseinandersetzung mit dem bestehenden Machtdiskurs geht jedoch über die binäre Kategorie von Mann und Frau hinaus und rückt entsprechend auch die Homosexualität sowie Queer- und Transgender-Anliegen in den Fokus. Auch gehört zu einer solchen Perspektive zweifellos die intersektionale Betrachtung des Feminismus, das heisst die kritische Auseinandersetzung mit verschiedenen Erfahrungen von Mehrfachdiskriminierungen –- sei dies aufgrund geographischer Herkunft, sozio-kulturellem Hintergrund oder rassistischer Diskriminierung.Interessierten Nachwuchsforschenden und Studierenden bietet F.IUS im Herbstsemester 2020 gezielt die Möglichkeit sich mit Legal Gender Studies auseinanderzusetzen und sich in diesem Thema aus- und weiterzubilden. Dazu organisieren wir am RWI eine Workshop- und Vorlesereihe mit Expert*innen, die sich in ihrer Forschung mit Genderperspektiven auseinandersetzen. Das Ziel von F.IUS ist zudem mit einem nachhaltigen und konstruktiven Engagement auf die unbefriedigende Situation für Juristinnen* in den Rechtswissenschaften aufmerksam zu machen. Dazu wollen wir mit Akteur*innen auf der juristischer Bühne in einen Dialog treten, um unsere Anliegen sichtbar zu machen. Schliesslich wollen wir all denjenigen Personen, welche die dominierende Geschlechter- und Machtordnung in den Rechtswissenschaften kritisch hinterfragen, eine Plattform für Ideen, Austausch, Fragen und Lösungen bieten. Dies soll eine kritische Debatte über die Art und Weise, wie die Rechtswissenschaften an den Universitäten gelehrt werden und wie diese die juristische Praxis beeinflussen, ermöglichen.

F.IUS freut sich über potentiell interessierte Mitglieder und Personen, die uns kennenlernen wollen. Komm an unseren monatlichen Stammtisch (nächstes Datum 5. Oktober 2020), schreibe uns bei Interesse an unserem Verein eine Email oder verfolge unsere Aktivitäten auf Twitter. Es hat zudem noch einige wenige Plätze frei am 30. Oktober 2020 im Rahmen unserer Legal Gender Studies Workshop- und Vorlesereihe. Bist du interessiert an einer Teilnahme? Schreibe uns an verein.f.ius@gmail.com.

Der Blog-Eintrag wurde verfasst von Marisa Beier (Präsidentin von F.IUS sowie wissenschaftliche Assistentin und Doktorandin am Lst. für öffentliches Recht von Frau Prof. Dr. Regina Kiener, RWI).

Für die tollen Inputs und Anregungen bedanke ich mich bei Arezoo Sang Bastian (Vize-Präsidentin F.IUS), Nicole Nickerson, Youlo Wujohktsang sowie Julia Meier (Vorstandsmitglieder F.IUS).

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